Ich habe mir im Kino
den Film „Northmen – A Viking Saga“ angesehen. Jetzt, wo ich
mir den Titel noch einmal anschaue, stelle ich erst fest, dass er
nicht einmal zum Film passt. Eine Saga beinhaltet für mich eine
große Geschichte, eine Erzählung mit besonderen Charakteren und
vielen Wendungen, einfach gesagt, eine packende und fesselnde
Geschichte.
Ich hatte keine besonders
großen Erwartungen an den Film, weil ich mittlerweile gelernt habe,
dass man die nicht haben darf, um nicht enttäuscht zu werden, aber
„Northmen“ fand ich trotzdem schlecht, nett ausgedrückt.
Der Film des
Schweizer Regisseurs Claudio Fäh erzählt die Geschichte einer
Gruppe von ausgestoßenen Wikingern, die an der schottischen Küste
stranden und dort sogleich in einen Kampf verwickelt werden, weil die
Eskorte, die eine schottische Dame zu ihrer Hochzeit bringen soll,
allem Anschein nach gespürt hat, dass gleich ein Haufen Wikinger die
Felsen hochgeklettert kommt und deshalb schon einmal, präventiv
sozusagen, auf sie lauert. Die Wikinger sind zwar vom Schiffbruch
geschwächt und in der Unterzahl, aber dennoch machen sie die
Angreifer platt, bis auf einen (dessen Überleben wichtig ist, damit
der König davon erfährt, sonst wäre ja von der ohnehin dünnen
Handlung des Films gar nichts mehr übrig) und nehmen bei der
Gelegenheit dann mal die junge Frau als Geisel zwecks Lösegeld, denn
ihr Vater ist offensichtlich ein einflussreicher Mann, um nicht zu
sagen besagter König, wie sich später herausstellt.
Der hetzt alsdann sein „Wolfsrudel“ auf die Wikinger und das ist
im Prinzip das Hauptelement des Films: Eine Verfolgungsjagd durch die
schottischen Highlands, bei der die Wikinger Unterstützung bekommen
von einem christlichen Mönch, der nebenbei ausgebildeter Ninja ist
und sich ebenfalls als Ausgestoßener entpuppt.
Die Anführer des
Wolfsrudels indes haben ihre ganz eigenen, (für mich) nicht ganz
nachvollziehbaren Pläne und wollen die Prinzessin lieber tot als
lebendig zurückbringen. So viel dazu. Dieser Umstand dient
vermutlich einzig dazu, zu erklären, warum die Gute am Schluss
lieber mit den Wikingern den Sprung ins kalte Wasser wagt, als mit
den Verfolgern zu kommen.
Außerdem hat die
Prinzessin eine außerordentliche Fähigkeit: Sie ist hellsichtig und
kann durch Handauflegen (auf den Boden) feststellen, dass die
Verfolger hinter ihnen her sind. Das ist gut, hätten sie ja sonst
nicht gewusst. (Achtung, Ironie!)
Das macht sie sogar
mehrmals.
Jedenfalls sieht man
den strammen Recken aus dem Norden 95 Minuten lang dabei zu, wie sie
vom Wolfsrudel eingeholt werden, sich kloppen, stets mit Verlusten,
sie abhängen, und anschließend wieder abhauen. Und immer stehen
bleiben, wenn der Falke die Anwesenheit des Gegners ankündigt. Dass
diese sie eigentlich gleich zu Beginn hätten einholen müssen, weil
sie im Gegensatz zu unseren Helden zu Pferd unterwegs waren, ist
dabei völlig irrelevant.
Es ist auch eigentlich
nicht wichtig, dass sich die Geschichte um Wikinger in Schottland
dreht, in jedem anderen Setting würde das Ganze genauso gut (oder
schlecht) funktionieren.
Wenn ich jetzt jedes
kleine Detail aufzählen würde, das mich gestört hat, würde ich
nie fertig, deshalb fasse ich mich kurz: Mein Hauptkritikpunkt ist
das Drehbuch, von dem ich mich ehrlich gesagt ein bisschen in meiner
Intelligenz beleidigt fühle. Wenn ich nicht während der Vorstellung
regelmäßig in Lachanfälle ausgebrochen wäre, wäre das Ganze sehr
traurig.
Nicht nur, dass die
Geschichte äußerst flach ist und nicht einmal einen Spannungsbogen
aufzuweisen hat, auch die Charaktere sind überwiegend lieblos
gestaltet und im Grunde genommen ist der ganze Film auf die zahlreich
vorhandenen Kampfszenen ausgelegt. Das einzig (durchaus positiv)
Überraschende an der Geschichte war, dass sich der Wikinger-Anführer
Asbjörn und die schöne schottische Prinzessin nicht ein einziges
Mal zärtlich berühren oder küssen.
Neben dem Drehbuch
stört mich aber auch dessen Umsetzung. Für mich war „Northmen“
eine Aneinanderreihung von Szenen, wie ich sie in tausend anderen
Filmen des Genres schon einmal gesehen habe, nichts als Klischees. Es
kommt immer gut, jemandem ein wildes Kraut auf eine Wunde zu drücken,
oder zweisame Aussprachen im dunklen Wald, oder unter dem Gewicht
eines Mannes zusammenbrechende (Styropor-)Mauern, oder der
zähnefletschende Böse, der ein bisschen an einen Ork erinnert, oder
oder oder … Besonders häufig kamen Close-Ups von verzweifelten
Männern mit immer gleichem Gesichtsausdruck vor, oder , wenn sie
gerade nicht kämpfen, wahlweise Landschaftsaufnahmen, in denen die
Gruppe aus der Ferne zu beobachten ist, was unweigerlich an den Herrn
der Ringe denken lässt. Deren exzessiver Gebrauch lässt sich
vermutlich damit erklären, dass man in diesem handlungsarmen
Streifen sonst keine Möglichkeit gesehen hat, das Ganze auf die
Mindestspieldauer, die von solchen Filmen erwartet wird, zu strecken.
Ich war ehrlich gesagt ein bisschen schockiert, als ich eben noch
einmal nachgesehen habe und da tatsächlich 95 Minuten stand. Kam mir
viel länger vor. Alles in allem war die visuelle Umsetzung
allerhöchstens durchschnittlich, wird somit aber dem Niveau des
Drehbuchs mehr als gerecht, also passt das schon irgendwie.
Nicht zuletzt möchte
ich darauf hinweisen, dass Tom Hopper in meinen Augen eine völlige
Fehlbesetzung für die Hauptrolle des Asbjörn war. Das fiel mir ganz
besonders am Anfang auf und bestimmte somit meinen ersten Eindruck,
weshalb der arme Kerl daran im späteren Verlauf des Filmes auch
nichts mehr ändern konnte. Wenn ich rückblickend versuche, das
objektiv zu betrachten, glaube ich aber fast (oder möchte glauben),
dass es später minimal besser geworden ist. Das Problem war einfach,
dass er als Anführer der Wikinger eine Autoritätsperson sein
sollte, aber leider keinerlei Autorität ausstrahlen konnte. Das hat
einfach nicht gepasst. Den anderen Schauspielern kann man keinen
Vorwurf machen, allen ist es gut gelungen, den für ihren Charakter
typischen Gesichtsausdruck stets zu wahren (außer es ist gerade
jemand gestorben, dann gab es auch mal schmerzverzerrte Gesichter).
Zum Soundtrack kann
ich mich nicht äußern, da ich mich an den nicht mehr erinnern kann.
Was nicht die Schuld des Soundtracks ist, normalerweise achte ich auf
die Musik, aber in diesem Fall war ich wohl einfach zu sehr damit
beschäftigt, mich abwechselnd zu ärgern und aufzupassen, nicht laut
loslachen zu müssen.
Zusammenfassend
möchte ich sagen, dass der Film allerhöchstens unterer Durchschnitt
ist, ich mich durchaus ein bisschen – auf gut Deutsch – verarscht
gefühlt habe, aber weil er mich trotz bzw. gerade wegen seiner
Mängel und Defizite derart unterhalten hat (wenn auch nicht auf die
Art und Weise, wie sie von den Machern wahrscheinlich beabsichtigt
war) habe ich es somit zumindest nicht bereut, fast zehn Euro für
die Kinokarte bezahlt zu haben.
Spielzeit 95 Minuten
FSK 16
Regie Claudio Fäh
"Eine Gruppe Wikinger unter der Führung von Asbjörn (Tom Hopper) befindet sich auf dem Weg zur Insel Lindisfarne im Nordosten Englands. Angetrieben werden die Nordmänner vom Wissen, dass sich dort Goldschätze befinden. Auf dem Weg zur Insel und zu neuem Reichtum werden sie von einem heftigen Sturm überrascht. Sie stranden vor der Küste Schottlands in feindlichem Gebiet. Der nächstgelegene Stützpunkt Danelag ist weit entfernt und der Weg dahin alles andere als sicher, denn schottische Söldner sind bereits auf der Jagd nach den Wikingern. Sie wurden entsandt von Dunchaid (Danny Keogh), dem König der Schotten, der seine enormen Reichtümer schützen will. Unterstützung erhalten die Wikinger von dem geheimnisvollen Mönch Conrall (Ryan Kwanten), der ihnen zwar Unterschlupf gewährt, jedoch seine wahren Motive verbirgt. Fortan bestreiten die tapferen Krieger einen blutigen Kampf um Leben und Tod in den Highlands, Wäldern und Sümpfen Schottlands."(Quelle: filmstarts.de)
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